Härten

Das Härten von Stahl ist eine Erhöhung seiner mechanischen Widerstandsfähigkeit durch gezielte Änderung und Umwandlung seines Gefüges. Es kann durch Wärmebehandlung mit anschließendem schnellen Abkühlen erfolgen. Wird ein Metall plastisch verformt, so breiten sich im Werkstück Versetzungen aus. Um nun die Festigkeit zu erhöhen, müssen Maßnahmen getroffen werden, die die Bewegung von Versetzungen behindern.

Das wichtigste Härtungsverfahren ist die Umwandlungshärtung. Hierbei wird das Werkstück soweit erwärmt, dass sich das bei Raumtemperatur vorliegende α-Eisen (Ferrit) in γ-Eisen (Austenit) umwandelt. Im Austenit kann wesentlich mehr Kohlenstoff gelöst werden als im Ferrit (siehe Eisen-Kohlenstoff-Diagramm). Durch Auflösung des vorhandenen Zementits (Fe3C) geht dessen Kohlenstoff im Austenit in Lösung. Schreckt man diesen kohlenstoffreichen Austenit nun ab, kann durch die kinetische Hemmung (Diffusion braucht Zeit) keine Entmischung in Ferrit und Zementit stattfinden. Das Eisengitter kann aufgrund der "eingeklemmten" Kohlenstoffatome nicht mehr in das kubisch-raumzentrierte α-Eisen übergehen. Es klappt stattdessen in ein tetragonal-verzerrtes kubisch-raumzentriertes Gitter (Martensit) um, das durch den Kohlenstoff verspannt ist. 

Eine wichtige Rolle bei dieser Art der Härtung spielt die Abkühlgeschwindigkeit. Je größer die Unterkühlung (Temperaturdifferenz), desto mehr Martensit bildet sich. Gesteuert wird die Umwandlungsgeschwindigkeit durch unterschiedliche Abkühlmedien (Wasser, Öl oder Luft). Weiterhin wichtig ist die chemische Zusammensetzung des Stahls. Kohlenstoff trägt wegen seiner hohen Diffusionsgeschwindigkeit hauptsächlich zur Aufhärtbarkeit bei, die substitionellen Legierungselemente wie z. B. Chrom dagegen bestimmen die Einhärtbarkeit des Werkstoffs. So kann bei kleinen Bauteilen/großen Abschreckgeschwindigkeiten eine Durchhärtbarkeit über den gesamten Querschnitt des Werkstücks erreicht werden. Um gehärtet werden zu können, muss ein Stahl mindestens 0,2 % Kohlenstoff enthalten.

Der dritte Mechanismus ist die Kaltverfestigung, welche bei der Kaltumformung entsteht. Durch Erhöhung der Versetzungsdichte im Gefüge werden die Gleitvorgänge behindert, dies erhöht die Festigkeit und wird daher Kaltverfestigung genannt. Kaltverfestigung wird besonders bei Buntmetalllegierungen (z. B. Bronze) und Mischkristalllegierungen ausgenutzt.

Das Anlassen ist eine Wärmebehandlung, in der ein Werkstoff gezielt erwärmt wird, um seine Eigenschaften zu beeinflussen, insbesondere um Spannungen abzubauen. Großtechnisch wird das Anlassen bei der Verarbeitung von Stählen, Aluminium- und anderen Nichteisenmetallen und Legierungen, sowie in der Glasherstellung eingesetzt.

Induktionshärten bringt vor allem kompliziert geformte Werkstücke lediglich in bestimmten Bereichen auf erforderliche Härtetemperatur (partielles Härten), um sie anschließend abzuschrecken. Unter Umständen ist kein Abschrecken nötig, wenn die Wärme schnell genug in den Rest des noch kalten Werkstücks abfließen kann. Bevorzugt Vergütungsstähle erreichen Werte, die konventionellem Härten nahe kommen. In Sachen Genauigkeit, Steuerbarkeit und Zugänglichkeit wird es nur noch durch das Laserstrahlhärten übertroffen. Induktivhärten wird vorwiegend in der Werkzeugherstellung verwendet. Beispielsweise wird bei Zangen nur die Schneide induktiv gehärtet, da sie eine höhere Härte benötigt als das komplette Werkzeug.

Ferner gibt es die Ausscheidungshärtung durch das temperaturabhängige Lösungsvermögen des Eisengitters für gewisse Fremdatome. Sie werden beim Abschrecken ausgeschieden und verspannen das Kristallgitter, z. B. Zementit.

Aufkohlen ist ein Verfahren aus der Wärmebehandlung von Stahl. Das Aufkohlen oder Einsetzen soll Stähle, die wegen ihres geringen Kohlenstoff-Gehaltes nicht oder nur schlecht zu härten sind, soweit mit Kohlenstoff anreichern, dass ein Härten möglich wird. Meistens wird nur die Randschicht mit Kohlenstoff angereichert, damit sich dort mehr Martensit bildet als im Kern und eine harte Randschicht entsteht. Der Kern soll dabei meist zäh und weich bleiben.

Vergütung bezeichnet die Kombination aus Härten und Anlassen von Stahl, um mit dieser Wärmebehandlung das Material mit hoher Festigkeit bei gleichzeitig hohen Zähigkeitseigenschaften zu versehen. Das Härten erfolgt durch schnelle Abkühlung aus dem Austenitgebiet heraus. Das Material soll mindestens 4° C pro Minute aufgeheizt werden. Die Temperaturen für das Härten liegen oberhalb der Temperatur der vollständigen Ferritauflösung: bei untereutektoiden Werkstoffen 30° bis 50° C oberhalb der Umwandlungslinie Ac3, bei übereutektoiden Werkstoffen oberhalb des Umwandlungspunkts Ac1 (ca. 750 - 900 °C). Die Haltezeit auf der Härtetemperatur beträgt ca. 20 + (Werkstückdicke D(mm) / 2) Minuten. Beim folgenden Abschrecken wird in der Regel ein martensitisches Gefüge, bei manchen Werkstoffen auch Bainit oder ein Gemisch aus Martensit und Bainit, erzeugt. Diese Gefüge haben für die jeweilige Stahlsorte die höchstmögliche Härte. Als Abschreckmedium kommen je nach Werkstoff entweder Wasser, Öl, Salzbad oder Luft in Betracht. Im Allgemeinen müssen Stähle mit wenig Kohlenstoff und niedrigem Legierungsanteil schroffer abgekühlt werden als Stähle mit mehr Kohlenstoff und höherem Anteil an Legierungselementen.

Der Anlassvorgang findet je nach Stahlsorte und Verwendungszweck bei Temperaturen zwischen 150° und 700° C statt. Je nach den verlangten mechanischen Eigenschaften werden die Werkstücke auf dieser Temperatur unterschiedlich lange gehalten und im Allgemeinen an der Luft abgekühlt. Als Faustregel für die Anlasszeit gilt: doppelte Haltezeit als die Haltezeit des Materials auf der Austenitisierungstemperatur beim Härten.

Beim isothermischen Vergüten werden beide Vorgänge zusammengefasst: Die Werkstücke werden aus der Härtungstemperatur direkt in das Anlassbad gebracht, dort eine bestimmte Zeit belassen und anschließend definitiv abgekühlt.

Nitrieren ist ein Verfahren zur Oberflächenhärtung. Dazu wird Stickstoff verwendet. Es entsteht eine Oberflächenschicht, die bis etwa 500 °C beständig ist. Mögliche Verfahren: Backnitrieren, Gasnitrieren, Plasmanitrieren.

Das Fertigungsverfahren wird in der Regel bei Temperaturen um 500 - 520 °C bei Behandlungzeiten von 1 bis 100 Stunden durchgeführt, wobei der Kern des Werkstoffes ferritisch bleibt, und ebenso die Bildung von oberflächennahem Austenit durch Eindiffusion von Stickstoff vermieden wird. An der Werkstückoberfläche bildet sich durch Eindiffusion von Stickstoff oder Kohlenstoff in das Werkstück eine sehr harte oberflächliche Verbindungsschicht (ε- und γ'-Eisennitride), die je nach Behandlungszeit 10 - 30 µm dick werden kann und mehr oder weniger stark ausgeprägte Porensäume an der Oberfläche aufweist, die man wiederum als Träger von z. B. Gleitmitteln verwenden kann. Verbindungsschichtfreies Nitrieren z. B. für eine spätere chemische oder galvanische Beschichtung ist möglich. Unter der Verbindungsschicht befindet sich die Diffusionszone, in der der Stickstoff bis zu einer bestimmten Tiefe in der ferritischen Metallmatrix eingelagert ist. Dieser, in fester Lösung eingelagerte Stickstoff führt zu einer Erhöhung der Dauerschwingfestigkeit. Die sogenannte Nitrierhärtetiefe (Nht) wird über die Grenzhärte definiert. Die Grenzhärte liegt 50 HV über der Kernhärte des Werkstückes. Besonders hohe Härte in der Diffusionszone kann bei so genannten Nitrierstählen erreicht werden.

Um den Korrosionsschutz dieser Schichten zu erhöhen, ist es möglich, die Verbindungsschicht zu oxidieren. Das geschieht üblicherweise durch eine Dampfbeaufschlagung, die die Eisenanteile korrodieren lässt und so eine Oxidschutzschicht bildet.

Gängige Verfahren sind das Salzbadnitrieren, Gasnitrieren und Plasmanitrieren. Beim Salzbadnitrieren ist durch das teilweise Eintauchen der Werkstücke ein partielles Nitrieren möglich, beim Plasmanitrieren kann man z. B. durch die Klemmvorrichtung mechanisch abdecken.

Testbild

Dipl.-Ing.
Hermann Strathmann jr.

Management

Rufen Sie mich an

Gerne beantworte ich
Ihre Fragen persönlich.

+49 5101 9284-13